ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und PraxisNr. 453 / 30.08.2001
Arbeit ist neuerdings wieder Thema im Programmkino. Aber meistens geht es, wie im gerade angelaufenen "Rosetta", um individuelle Schicksale und scheiternde Menschen. Kollektiven Arbeitskampf vor antirassistischem Hintergrund hingegen bettet der linke Kino-Veteran Ken Loach in seinem neuesten Werk "Bread and Roses" in eine wie immer unterhaltsame Story ein. Und bleibt so seinem Metier treu: der Erzählung politischer Messages. Wohltuend verzichtet Loachs neueste Erzählung, anders als zuvor sein Nicaragua-Epos "Carlas Song", auf moralische Volldröhnung und pädagogischen Zeigefinger und bedient sich dafür einer zusätzlichen Portion Realismus.
Schleuser bringen eine Gruppe von Flüchtlingen aus El Salvador in abenteuerlicher Fahrt über die mexikanische Grenze in die USA. Die junge Maya entkommt mittels persönlicher Courage einem Vergewaltigungsversuch, nicht aber dem Doppelpack aus rassistischer und kapitalistischer Ausbeutung in den USA. Als Putzfrau in einem der Büropaläste von Los Angeles scheint sie zwar zunächst am Ziel ihrer Träume angekommen. Doch bald bekommt die heile Welt Risse. Illegale haben keine Rechte, werden gegeneinander ausgespielt, schlecht bezahlt und können jederzeit gefeuert werden. Maya wird, aufgeweckt durch den Kontakt mit einem jungen Gewerkschafter, zur treibenden Kraft bei der Organisierung der illegal beschäftigen Putzfrauen. Das Management bekommt die zunehmende Unruhe unter der Belegschaft mit und startet Einschüchterungskampagnen, filmt Gewerkschaftstreffen ab. Trotzdem organisiert sich die Belegschaft, auch gegen die eigene Angst. Die Gewerkschaftsspitze ist ob der starken Basisaktivitäten erstaunt und erteilt Dämpfer, wo es ihr möglich ist.
Die Entlassung der aufmüpfigen Belegschaft durch die Konzernleitung markiert den Höhepunkt des Films und hat dramatische Folgen, die schließlich dazu führen, dass Maya aus Solidarität mit einem Kollegen im Supermarkt die Kasse klaut. Auch durch Mayas Familie zieht sich ein Graben; ihre Schwester hat die Gewerkschaftsaktivisten an die Bosse verraten. Aber sie hat auch mit Prostitution den Putzjob für Maya erkauft. So denunziert der Film nicht die "Verräterin", sondern die gesellschaftliche Zustände, die den Verrat verursachen.
Das Ende ist bitter. Weil sich die Proteste der Entlassenen ausweiten und der Konzern langsam ins Gerede kommt, werden alle Reinigungskräfte wieder zu Tariflöhnen eingestellt, die Gewerkschaft wird anerkannt. Doch während alle feiern, wird Maya im vergitterten Polizeiwagen über die Grenze abgeschoben - sie hatte Fingerabdrücke beim Kassenklau hinterlassen.
Aber gerade weil es kein Happy End gibt, ist der Film so überzeugend. Und er greift eine Mitte der 90er-Jahre in den USA heftig geführte Diskussion um illegal Eingewanderte und Gewerkschaften auf, die letztlich die Erkenntnis stärkte, dass nur durch eine Organisierung auch der illegal Eingewanderten die Tarife für alle Arbeiter und Arbeiterinnen verteidigt werden können. Deshalb wäre der Film zum Beispiel für die IG-Bau sehenswert, die immer noch eine Politik der Kriminalisierung, der Abschottung und der Ausgrenzung gegenüber osteuropäischen WanderarbeiterInnen betreibt.
Der Film "Bread und Roses" von Kean Loach ist 105 Minuten lang und kommt im September in die deutschen Kinos.
Peter Nowak
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