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Freie Sicht fürs linke Auge  
  Alma Hoppes Lustspielhaus hat mit 20 die Flegeljahre hinter sich. Diesen Monat wird ganz undogmatisch mit expressiven Lyrik-Performances und im Trachtenanzug gefeiert
 

von Stefanie Maeck

Gegenüber der Eppendorfer Hochzeitskirche, genau dort, wo die befahrene Straße ins feine Eppendorf eine waghalsige Kurve nimmt, liegt Alma Hoppes Lustspielhaus. In dem kleinen Häuschen in der Ludolfstraße 53 nähert sich diesen März ein doppeltes Jubiläum. 10 Jahre Lustspielhaus gibt es zu feiern, und 20 Jahre sorgt das Ensemble Alma Hoppe um Jan-Peter Petersen und Nils Loenicker nun schon für satirische Heiterkeit in der Hansestadt.

Angefangen haben Nils Loenicker aus Eimsbüttel und Jan-Peter Petersen aus Eilbek mit ihrem Programm im Kabarett Mon Marthe, einem eher "bauchnabelgeprägtem Unternehmen", wie Loenicker sagt: die Jahre 1984 bis 1990 sind bestimmt von weltverbesserndem Anspruch und starker agitatorischer Ausrichtung. Eindeutige Botschaften prägen das Programm von Alma Hoppe. Im Publikum tingelt sich die linke studentische Szene und löst bei Außenstehenden eher Schwellenängste aus.

Mit dem Beginn des Golfkrieges verorten beide Künstler eine Zäsur im eigenen Schaffen. Die "Flegeljahre" sind mit einem Schlage vorbei, und eine merkliche Differenzierung im humoristischen Repertoire ist zu bemerken. Insbesondere gehen die "Hiebe" nicht mehr nur in eine Richtung, die "Blindheit auf dem linken Auge", wie Loenicker es formuliert, ist vorbei.

Mit einem selbstkritischen Repertoire, das jede dogmatische Fixierung ablehnt, steht das Duo von Alma Hoppe nun seit 1994 auf der Bühne des jetzigen Lustspielhauses. Das kleine Haus wurde 1927 erbaut, war mal Bürgerhaus, Kino- oder Schaubühne, diente unter anderem dem Ernst Deutsch Theater zeitweise als Probebühne und hat schon Auftritte von Hans Albers bis hin zu Heinz Ehrhardt erlebt.

Mit dem Sprung vom "Brettl" auf die "große Bühne" wird der Aspekt der Inszenierung wichtiger, Regisseure wie Helmut Ruge und Henning Venske sorgen für die nötige Distanz zu den eigenen Ideen. Dabei übernimmt Petersen bei Alma Hoppe eher das Textschreiben, während Loenicker sich auf das Organisatorische konzentriert.

Die Pacht für das Haus hat das Duo gerade um ganze 20 Jahre verlängert. In der Zukunft träumen beide davon, junge Talente verstärkt zu fördern. Auch in Richtung Fernsehen streckt man vorsichtig die Fühler aus. Allerdings schwebt ihnen da nicht die Comedy vor. Bei einem richtig guten Projekt, so Loenicker, dürfen sich die Elemente Comedy und Kabarett amüsant durchmischen. Eine Sendung auf N3, Marke Mitternachtsspitzen, das wäre schon was!

Das aktuelle Jubiläumsprogramm wartet zur Feier des Geburtstags mit einigen Leckerbissen auf, die zeigen, dass Alma Hoppe die Durchmischung verschiedener Stilrichtungen schon immer wichtig war. Das Programm versteht sich klassisch als "Kleinkunst" und setzt auf viele kleine Projekte. Am Freitag gibt es zum Beispiel das Jandl-Programm Jandl for ever! zu sehen, in dem Dietmar Mues bei expressiver Lyrik-Performance zu bestaunen ist. Gestern noch hat Barbara Kusters Kabarett gegen die "Pseudo-Frauenversteher" dem Saal eingeheizt, Herr Pelzig hingegen wird am kommenden Mittwoch im biederen Trachtenanzug zwischen globalisierter Welt und Gastwirtschaft nach Erklärungen suchen.

Bleibt zu fragen, woher der komische Name des Projekts eigentlich kommt? Alma Hoppe ist nach einer Saftmarke benannt, die mittlerweile kaum mehr jemand kennt. Wohl aber das Kabarettduo aus Hamburg.

 


Jandl for ever!, 12. 3.; Herr Pelzig, 17. 3., jeweils 20 Uhr, Alma Hoppe

taz Hamburg Nr. 7305 vom 10.3.2004, Seite 23, 118 Zeilen (Kommentar), Stefanie Maeck, Rezension

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