Maximum Soul, Drive & Charme
Ex-Braut haut ins Auge Peta Devlin hat eine neue Band - mit Cow wird Country gut - Von Franz Dobler

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Die Band spielte, und ich wurde ständig von Freunden und Bekannten, die ich lang nicht gesehen hatte, angesprochen. Aber mehr als ein freundlicher Blick, ein Handschlag oder ein Anstoßen mit den Flaschen war von mir einfach nicht zu bekommen. Im Notfall sagte ich, hör dir das an. Ich habe in mehr als 20 Jahren echt viele Bands gesehen, aber kaum eine, die mich zu so einem Verhalten gebracht hätte.

Vor fast einem Jahr gaben Cow ihr erstes Konzert, nicht daheim in Hamburg, was ein einfaches Spiel gewesen wäre, sondern in Köln, bei der Jahresparty des Filmclubs 813, als Abschluss eines kleinen Festivals mit seltenen Countrymusik-Filmen. Sie brauchten höchstens zwei Songs, um diese 200 Leute - moderne, junge Clubvögel, die mit dieser Musik wenig am Hut haben - direkt ins Herz zu treffen. Und das war für beide Seiten eine spürbar tolle Überraschung. Eine Band mit so unglaublich viel Soul, Drive und Charme kann (fast) spielen, was sie will - eine Band mit Peta Devlin als Sängerin im Mittelpunkt kann nur gewinnen.

Zwei Tage später bestanden sie dann gleich ihre zweite Prüfung, als sie in der Kölner Kneipe »Little Ole Opry« ein diesmal astreines, junges und altes Country-Rockabilly-Publikum überwältigten. Stimmt nicht ganz, denn wir hatten einen Typen dabei, der mir vorher erzählte, dass er Country hasst wie die Pest. Seine Begeisterung ging dann so laut mit ihm durch, dass Peta ihn während des Konzerts fragte, ob er ein Tote-Hosen-Fan wäre, und das haute ihn vollends um.

Natürlich sind die Namen der Beteiligten ein Bonus für die Band, aber viel wichtiger ist ihre Erfahrung, die weit über Countrymusik hinausgeht: die schon länger in Hamburg lebende Londonerin Peta Devlin kennt man als Bassistin der (leider) jetzt aufgelösten Die Braut Haut Ins Auge; an Gitarre, Pedal-Steel - und wie alle Cow-Männer mit gefühlvollem Chorgesang - Thomas Wenzel (Die Sterne/Die Goldenen Zitronen); am Kontrabass Thomas Butteweg (Incredible Sinalco Bums); an Geige und Mandoline Eckard Heins (der einzige Cow, der nie ans Schlagzeug geht), gern gefragter Gast bei Hamburger Bands (z.B. Fink).

Wer in den letzten Jahren mitbekommen hat, daß sich bei uns jenseits der herkömmlichen Szene ein wenig was tut mit dieser Musik, für den ist Cow keine so große Überraschung. Auf dem schönen xxs-Records-Sampler »13 Golden Kantrie Greats« (1997) standen Peta Devlin & Band (damals Heins und Wenzel) im Mittelpunkt, und Peta - »die Platte war mein Coming-out als Countrysängerin« (aber sie sang solche Sachen schon als Kind mit ihren Eltern) - hatte außerdem ein Duett mit dem seit einigen Jahren in Köln lebenden Countrysänger Hank McCoy (Okra All-Stars), der gelegentlich Special guest bei Cow-Konzerten ist und für besonderen Kick sorgt.

Countrymusik von außerhalb der USA, das ist einfach eine Problemzone (und ich rede hier sowieso nicht von der Szene, für die das Musikantenstadl Ersatz ist oder Winnetou-Soundtrack oder Schutzzone gegen vermeintlich unmenschliche, also elektronische Musik etc.). Man tritt leicht in die Fallen: Das augenzwinkernde Ist-doch-bloß-ein-Gag und das Übertünchen mit Punk-Style sind die häufigsten. Cow aber treten, nicht mal mit ihren Eigenkompositionen (größte Problemzone überhaupt), in keine einzige Falle. Obwohl sie das größte Risiko eingehen, indem sie »The Real Thing« machen (wie ihnen Hank McCoy bescheinigt). Man spürt bei ihnen, dass diese Musik eine unglaubliche Tradition hat und dass sie immer noch zum Heute gehören kann. Peta Devlin und ihre tollen Jungs - Cow ist einfach ein Glücksfall.

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