aus: ak - analyse & kritik Nr. 466
Poesie kennt keine CDU-Kulis

Der Meister des Trivialen, Funny van Dannen, ist wieder auf Tour
Mit bürgerlichem Namen heißt er Franz-Josef Hagmanns. Seine Songs begleitet er auf einer Schrummel-Schrammel-Gitarre, dazu nur noch eine Stimme, die keine sonderlich hervorstechenden Qualitäten aufweist. Und dennoch sind die Hallen voll, wenn er auf Tour geht.

Inzwischen hat er seine sechste CD fertig und die nächste Tour steht unmittelbar bevor. Immer mehr Bekannte erzählen mir gerade vollkommen erleichtert, selig und offenbar mit einem kribbeligen Gefühl im Bauch, dass sie sich die Tickets schon gesichert haben. Der Künstler selbst sagt, dass seine ZuhörerInnen "schon eine spezielle Sorte Mensch" sind, und: "Es ist schon so, dass das eher romantische Leute sind." Die Zeit bezeichnete ihn einmal als "Genie des Trivialen". Die Süddeutsche übertitelte seine neue CD Grooveman mit "wieder einmal Meisterklasse". Das van Dannen auch vollkommen PC ist, macht die Soap für Gerechtigkeit - die Lindenstraße - klar, wenn Klausi Beimer beim Zähneputzen seine Songs singt.

In den 80er-Jahren schlug sich Funny van Dannen vor allem als Maler durch. Heute findet er dazu nur noch wenig Muße, sagt van Dannen, der mit Frau und seinen vier Kindern in Berlin wohnt und neben Musik und Malerei auch noch Bücher schreibt. Er gehörte Anfang der 90er-Jahre zu den Gründungsmitgliedern der Lassie Singers. Da er aber schon damals Kinder im Hause hatte, entschied er sich dafür auszusteigen, als die Singers schlagartig "berühmt" wurden und auf zahlreiche Tourneen gingen.

In seinen Songs erweckt er an sich tote Gegenstände zum Leben und stellt auf wunderbare Weise Dinge gegen- oder zueinander, die in der normalen Welt kaum zueinander gehören - oder doch? "Man kann nicht wirklich poetisch sein, mit einem Kuli von der CDU." (Nur du nicht). Van Dannen schält Alltagssituationen aus ihrer scheinbaren Bedeutungslosigkeit und Normalität und dringt damit auf eine perfide Art in die eigene Welt ein. Das dürfte der Grund sein, warum viele Menschen einen fast verklärten Blick bekommen, wenn über ihn gesprochen wird.

Inzwischen ist van Dannen jedoch nicht nur für seine Fans eine Größe. Die Toten Hosen haben gleich mehrere Songs von ihm auf ihrem aktuellen Album Auswärtsspiel und die in den nächsten Tagen erscheinende neue Single der Hosen (Frauen dieser Welt) ist nicht nur von van Dannen geschrieben, sondern auch auf dessen Grooveman-CD. Und schon 1996 coverte Udo Lindenberg mit den Titeln Nana Mouskouri und Gutes tun gleich zwei Songs auf seiner Platte Und ewig rauscht die Linde.

Wie üblich geht es thematisch auf der neuen CD kunterbunt durcheinander: In Enttäuscht vom Leben klagt van Dannen über die ewig Klagenden: "Es wird immer unschuldige Opfer geben, es wird immer Kriege geben ... und schon bei der Geburt tut es der Mutter weh und es ist draußen kalt ... ich bin einfach enttäuscht vom Leben."

Mit einer brutalen Unschuld in der Stimme bekennt er: "Ich will den Kapitalismus lieben, weil so viel für ihn spricht, ich will den Kapitalismus lieben, aber ich schaffe es einfach nicht. ... Das liegt an dieser Schwäche für die Schwachen ... ich will ihn lieben, er liebt mich ja auch ... Ich habe ihn scharf kritisiert, aber er hat so ein großes Herz, er hat mich integriert ... und das wird so weitergehen, bis einer von uns zerbricht."

Und schon vor dem 11. September hatte van Dannen "oft ein Scheiß-Gefühl". Da starb z.B. in den 70er-Jahren seine Großmutter mütterlicherseits und dann war die Ölkrise da, dann war da Biafra, die Pubertät und das Auswärtsspiel und und und.

DSe, rock-links.de

Funny van Dannen, Groooveman (Live im Club 2), 2002, Trikont, www.funny-van-dannen.de

Konzerttermine: 16.10. Fulda, Kulturkeller; 17.10. München, Bongo Bar; 18.10. Darmstadt, Centralstation; 19.10. Duisburg, Hundertmeister; 20.10. Köln, Gebäude 9; 4.11. Düsseldorf, Zakk; 5.11. Hannover, Pavillon; 6.11. Bremen, Lagerhaus; 7.11. Hamburg, Schauspielhaus; 8.11. und 11.11. Berlin, Columbia-Fritz