Das Pussy Imperium schlägt zurück

Die Fiesen Diven setzen auf Frontfrauen, Glamour und Glitzer
aus: ak-analyse & kritik

Pussy Empire heißt das Label, das Catharina Boutari im letzten Jahr gegründet hat. Im letzten Herbst veröffentlichte sie darauf den ersten Sampler der Fiesen Diven (Faster Tussicat! Kill! Kill!), einem Zusammenschluss von fünf sogenannten Frontfrauen und ihren jeweiligen Projekten. Und jetzt legt Boutari mit ihrer Band Uh Baby Uh ihre erste CD auf diesem neuen Label vor.

The big C from venus versus the triple J from mars heißt die CD. Ein einfaches Buchstabenrätsel, in dem sich Catharina zur Abgesandten der Liebesgöttin erklärt, während ihre drei Musiker Jürgen Sosnowki, Jacob Kiersch und Jan Rubach zum Vorab-Kommando des kriegerischen roten Planeten abgestempelt werden. Das ist nicht nur ein sehr klassisches Rollenbild, sondern macht auch klar, dass es sich bei dem Projekt der Fiesen Diven nicht unbedingt um ein feministisches Projekt handelt und es auch nicht vor allem darum geht, Frauen als Musikerinnen und Künstlerinnen zu promoten. Diven meint tatsächlich nicht mehr, als das einigermaßen schräge, schrille, etwas verruchte und mit ein wenig Sex garnierte Frontfrauen sich selbst als Inszenierung darbieten, um im Dschungel unendlich vieler Bands, die einen Platz im Musikmarkt anvisieren, die Aufmerksamkeit auf das eigene Schaffen zu lenken. Die Zusammenarbeit als Fiese Diven macht es den beteiligten Bands z.B. möglich, eine abendfüllende Show auf die Bühne zu stellen. Rund dreieinhalb Stunden dauert das und dabei geben sie sich auf der Bühne das Mikrofon gegenseitig in die Hand. Im Hamburger Logo ist im Sommer gerade die zweite Diven-Woche gelaufen, zu der zahlreiche Bands mit Frontfrauen aus dem gesamten Bundesgebiet geladen waren und die eine Woche lang das Programm füllten.
Die Fiesen Diven sind: Lilith Milk, musikalisch als englisch sprachiger Elektro Pop einordbar, die etwas Chansonnette klingende und selbst als Seelenpop titulierte Klara Fall (die im letzten Jahr vierte des Rio Reiser Songwettbewerbs waren), die rockig daher kommende La Vache Frontrale und eben die power-poptönende Uh Baby Uh. Ausgestiegen ist vor kurzem Violetta Superstar, die die Abteilung New Wave Punk Pop abdeckte.
Im letzten Herbst präsentierten sich die Diven im deutschen Rolling Stone. Da ging es zwar nicht die Bohne um die Musik der Frauen, aber immerhin durften sie sich in einer Mischung aus Bravo-Girl und Brigitte modisch vorstellen und zeigen, wie schrill und divenhaft sie sind. Neben der "Kleinigkeit", dass ihre Musik ausgerechnet in einer Musikzeitung keine sonderliche Rolle spielte, wirkte der auf vier Seiten mit vielen Fotos gestreckte Artikel doch eher bemüht. Und irgendwie haben die Diven auch recht, denn angesichts der Flut von Bands und Musikern ist es derart schwer geworden, sich irgendwie in diesem Dschungel bemerkbar zu machen, dass es vielleicht eben solcher Umwege bedarf. Spätestens solche Artikel machen aber auch klar, dass die Fiesen Diven vor allem auf den Effekt, weniger auf den Inhalt setzen.
Auch Uh Baby Uh fährt diesen Kurs. Die vier Songs von Uh Baby Uh, die auf dem Sampler Tussycat im letzten Herbst veröffentlicht wurden, finden sich nun auf der neuen CD wieder. Neun weitere Songs kommen hinzu und außerdem die Spoken Words von Catherina Boutaris aus Ägypten stammenden Vater. Es Al Al Bak (Frage dein Herz) ist der Opener der neuen CD und löst ein wenig die Hoffnung aus, dass Uh Baby Uh die eigene Musik mit arabischen Einflüssen und Elementen anreichern würden. Aber das ist leider nicht der Fall. Der selbst als Power-Pop bezeichnete Sound von Uh Baby kommt reichlich mainstreamig daher und ist in jedem Fall Delta-Radio-gängig. Dabei sagt die in ™sterreich von einer deutschen Mutter geborene Boutari selbst, dass sie stolz darauf sei, von unterschiedlichen Kulturen geprägt zu sein. Schade nur, dass es lediglich zu dem Gedicht reichte und das ganze Produkt ansonsten voll und ganz in englisch gehalten ist. Musikalisch ist das ganze einigermaßen abwechslungsreich und Melodie orientiert. Mal trashig (When girls get trouble) oder an 4NonBlondes erinnernd (My Generation), rotzig (Cheap Chicks & Big Thrills) oder melancholisch (The Big sleep).
Die Präsentation liegt irgendwo zwischen RiotGirl und Kosmopolitian, alle Ecken und Kanten fehlen. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird im Beipackzettel zur CD ausdrücklich festgestellt, dass der Song Aeroplanes /New York City Big Sky absolut gar nichts mit "vergangenen politischen Ereignissen" zu tun habe. Eine Verwechslung, die allerdings nur schwer möglich gewesen wäre, denn es ist offenkundig, dass es hier um den Verlust einer innigen Liebschaft in der Stadt der Städte und nicht um den Verlust von zwei Türmen geht, die den Blick auf den Big Sky verstellt hätten. Und der schleppende, leidende Sound der Gitarren als auch der Umstand, dass der Song immerhin 10 Minuten lang ist, machen klar, dass es eine harte persönliche Zeit war.
Im Waschzettel wird von "gutem Songwriting" gesprochen. Das ausdrücklich als "eindrucksvolles Zeugnis" erwähnte Eating Black Skies ist zwar ein schöner Song, getragen und intensiv vom Sound her, aber Songwriting? Auf nur wenig mehr als drei Minuten wird der knappe Text nahezu zwei Mal durchgesungen. Bilder zwischen Rampenlicht und Einsamkeit (ausgerechnet wieder der November muss dafür herhalten), klasse gesungen, aber von Tiefgang keine Spur.
Phasenweise ist Uh Baby Uh partytauglich, live sind sie das in jedem Fall. Doch ansonsten ist die Platte das, was der Soundÿim wesentlichen auch ist: Mainstream und eben nicht sehr herausragend. Die Texte orientieren sich mehr am Effekt und sind eher als stimmliche Abrundung eines ansonsten hübschen und in der Tat als Pop-Power-Rock zu bezeichnenden Sounds geeignet.
DSe, rock-links.de

Uh Baby Uh, The big C from venus versus the triple J from mars, Pussy Empire, September 2002