Es ist Winter im ersten Jahr des neuen Jahrtausends. Die Leute
draußen echauffieren sich über vermeintlich zu hohe Benzinpreise, im
Bundestag sitzen beleibte Volksvertreter, die sich selbst ad
absurdum geführt haben und auch musikalisch wird ganz Deutschland
einig Mainstreamland vom organisierten Schwachsinn beschallt.
Der Einheitsbrei aus Coverversionen welker Evergreens,
weichgespülten Hip Hop, in Containern entdeckten Badewannen -
Tenören und sonstige Geräuschplatten geben selten Anlass zur
Hoffnung. Ganz Deutschland? Nicht ganz..... aus einem kleinen
Niedersächsischen Dorf, so klein, dass es auf kaum einer Karte zu
finden ist und sich nahe dem großen Castor befindet, ist Musik zu
hören, die endlich mal wieder Impulse geben könnte. Songs, die von
der Norm abweichen, polarisieren, nicht in gängige Raster passen und
sich ihren ganz eigenen Weg suchen.
Die Rede ist von Hoerstuatz, einer 6 Mann Kapelle, die aus
mehreren Komponenten einen emotionsgeladenen Groove zusammenspielt,
der an Ehrlichkeit und Authenzität seines Gleichen sucht und selten
findet in diesem Land. Diese seit 1997 bestehende Combo hat sich
gefunden in der Häuseransammlung Clenze - und wohnen dort auch nicht
viele Menschen, so ist die Hoerstuatz Zusammensetzung mit drei
halben Dänen, einem Polen, einem Ossi und einem Wessi doch schon
fast Multi - Kulti zu nennen. Im einzelnen handelt es sich um
Sascha Madsen (Drums), Johannes Madsen (Plattendreher), Simon
Frontzeck (Keyboard), Elvis Schulze (der King an der Gitarre), Niko
Maurer (Bass) und Sebastian Madsen (Gesang). Alle sechs Bandmitglieder verbindet ihre
gemeinsame Passion für Indierock, Punk- und Hardcore, wobei ihr
Songwriting jeden Song mit einer Prise Pop versüßt - das Ergebnis
sind Ohrwürmer, die nicht zäh kleben bleiben, sondern sowohl
musikalisch als auch textlich rocken. Liegt das Durchschnittsalter
der Junx auch zwischen 19 und 20 Jahren, so können sie alle doch
bereits auf eine Vergangenheit zurückblicken, die beeindruckt und
auch schnell die Reife ihrer Songs erklärt. Die drei Brüder
Johannes, Sebastian und Sascha machen Musik, seitdem sie sich
erinnern können. Zuerst auf Mutters Kochtöpfen und anderen
geeigneten Tonwiedergabegeräten. Jede Art von Musik wurde gehört und
aufgesogen - andere Freizeitinteressen standen immer im Hintergrund.
Alle drei genossen eine Ausbildung an der Musikschule; Klavier,
Flöte, Schlagzeug, Trompete, Gitarre, Bass und Ensemblespiel in
verschiedenen Orchestern. Ihre erste Band gründeten Sebastian und
Johannes im Alter von 11 und 13 Jahren - "Ganz Klar" spielten
straighten Punk (!) und erlangte schnell nicht zuletzt wegen ihrer
drastischen Texte eine gewisse regionale Berühmtheit. In die 1996
von Sebastian und Sascha gegründete Band "Alice's Gun" stieg dann
auch Niko als Bassist ein und 1997 gewann das Trio sogar den "Local
Heroes" Wettbewerb.
Im Frühjahr 1998 hatte Sebastian dann einen Hoersturz und mußte
sich zwangsläufig für einige Zeit aus dem Proberaum zurückziehen.
Seine musikalische Kreativität tobte er nun vorerst am Computer aus.
Ein Ergebnis dieser Zeit war der Song "Looser", auf dem sich `Bruder
Johannes auch erstmals als Scratcher versucht. Irgend jemand aus der
Familie schickte eher aus Spass ein Tape der Band zum "MTV-Quix
Wettbewerb" und kurze Zeit später standen Hoerstuatz als Gewinner
dieses Wettbewerbs auf der Popkomm Bühne....
War Hoerstuatz bis dahin doch eher ein Nebenprodukt ihres
musikalischen Schaffens, so entschlossen sich die Mitglieder nun,
die ganze Sache mal etwas professioneller anzugehen. Seitdem besteht
auch die heutige Formation, einzig Elvis stieß erst in diesem Jahr
dazu, nachdem Sebastian ihn auf einer Session kennen gelernt hatte
und man schnell einen gemeinsamen musikalischen Nenner entdeckte.
Herz und Kopf des Ganzen ist unbestritten
Sebastian Madsen. Als Sänger schreibt er überwiegend die Texte und
Musik und spielt diese auch zunächst alleine zuhause ein. Und doch
sind die dann fertigen Songs immer ein Band - Gesamtkunstwerk, den
endgültigen Schliff und Flow bekommt die Musik immer im Proberaum
verpasst.
Ein erstes Zeugnis dieser gerade auch live unglaublich
druckvollen Band ist die in diesem Winter erscheinende EP "Komm
Raus". Auf dieser EP werden 5 Songs zu hören sein, die alle sehr
persönliche Geschichten erzählen bzw. Statements abliefern und laut
Sebastian "jeden ansprechen und aufrütteln sollen - ohne dass wir
mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend laufen". Die
ursprüngliche Inspiration für den Titelsong kam Sebastian durch den
Film "Sonnenallee" in dem jemand sagte: "Rein ins System und von
innen aufmischen". Hoerstuatz Backstage Dieses Statement befindet
sich nun leicht abgeändert in der Bridge von "Komm Raus" und ist
exemplarisch für Sebastians Art, Songs zu schreiben. "Es ist
meistens so, dass ich irgendwo einen Satz aufschnappe und dann einen
ganzen Text um diese Aussage herumbastle. Dann habe ich mir Gedanken
über Menschen gemacht, die einmal selbst eine Persönlichkeit waren,
stets ihren eigenen Weg gegangen sind, etwas verändern wollten und
plötzlich in einen Sog gerieten. Sie passten sich anderen Menschen
an und liefen nur noch blind hinterher. "Komm Raus" soll einfach
nur ein Aufruf an Jeden sein, dessen Power eingeschlafen ist oder
dessen Träume verblasst sind. Diese Menschen sollen aufwachen, sie
sollen rauskommen!"
Ähnliche Geschichten erzählen auch die vier anderen
Kompositionen, immer sehr persönlich, politisch und engagiert aber
niemals besserwisserisch oder altklug. Das Besondere an der Musik
von Hoerstuatz ist sicherlich der Transport einer Lebensphilosophie
und Attitüde auf Noten, Musik die ehrlich und keinesfalls aufgesetzt
wirkt.
Hoerstuatz haben eine Meinung und eine politische Aussage, doch
(Politik-) Verdrossenheit stellt sich beim Hören ihrer Songs sicher
eher nicht ein, diese Band rockt alle, die es wissen wollen und die
Schnauze voll haben vom organisierten Schwachsinn....
Klick auf´s Bild und guck Dir die ersten Live Schnappschüsse an.
MP3-File von "Komm raus!" MP3-File von "Kaputtmachen"
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