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Grenzenlos Jodeln
Hubert von Goisern zeigt: Auch Volksmusikphobie ist heilbar
Spricht man von Folkmusik und Traditionals, dann stellen hiesige Linksorientierte durchaus positive Zusammenhänge her, selbst wenn sie diese Musik nicht als ihre eigene ansehen würden. Kommen lateinamerikanische Klänge ins Spiel, dann verdrehen Einige gar verzückt die Augen und schwärmen von Rhythmus, Lebensstilen und Internationalismus. Doch beim Thema Volksmusik, gar alpine Volkmusik, ist das Ende der Fahnenstange sofort erreicht - jedenfalls nördlich der Mainlinie. Volksmusik stinkt - nach Biedermeier, Kleinbürger, Provinz und Reaktion.
Ein Bild, das trotz Ougenweide, Liederjan, Fidel Michel, Walter Moßmann oder den Liedern aus den sozialen Bewegungen der 70er Jahre immer noch weit verbreitet ist. Dabei lassen sich hier musikalische Entwicklungen finden, die in jedem Fall fortschrittlich und sogar emanzipatorisch zu nennen sind. Z.B. bei Attwenger, die auf witzige und ernsthafte Weise die bayerische Blasmusik an neue Ufer geführt haben. Oder die Biermösl Blosn, die mit politisch-satirischen Texten die bayerische Volksmusik neu interpretieren.
Oder eben Hubert Achleitner, der sich nach seinem Geburtsort Bad Goisern nun Hubert von Goisern nennt. In österreichischer Mundart singend, basierend auf der dortigen Volksmusik, bastelt er seit vielen Jahren daran, Musikstile und Einflüsse aus anderen Erdteilen als Bereicherung aufzunehmen und einen neuen Sound daraus zu machen. Dazu ist er viel unterwegs und nahezu jede Reise führt zu einem Album. 1998 verarbeitete er seine Eindrücke einer Tibetreise in dem Album Inexil. Nach seinem Besuch bei der Schimpansen-Forscherin Jane Goodall in Tansania veröffentlicht er ebenfalls 1998 das Album Gombe, benannt nach dem Nationalpark, in dem Goodall arbeitet.
Schon davor lebte von Goisern einige Jahre in Toronto (Kanada) und hielt sich längere Zeit auf den Philippinen auf, wo er das Spielen der Nasenflöte erlernte. Im April 2002 schließlich ging er auf eine dreiwöchige Tour durch die Kapverdischen Inseln, den Senegal und Burkina Faso, wo er sich mit zahlreichen Musikern traf und (kostenlose) Konzerte spielte. Zu Beginn der Tour trat er im Süden von Ägypten vor 15.000 Menschen mit dem dort berühmten Popmusiker Mohamed Mounir auf.
All diese Reisen und (musikalischen) Begegnungen finden sich nicht nur in der Musik von Hubert von Goisern wieder. Seine im Herbst veröffentliche CD unterstreicht das mit dem Titel Iwasig, ins Hochdeutsche übersetzt heißt das so was wie Drüberstehen. Und unter dem Motto Grenzenlos zog von Goisern im Herbst mit seiner Band durch die deutschen Lande. Für einen, der Volksmusik macht und daher nach langläufiger Auffassung auch Regionalist sein müsste, sicherlich bemerkenswert. In einem Interview brachte von Goisern das folgendermaßen auf den Punkt: "Ich stehe selber zu Regionalismus, wenn er nicht ausgrenzend ist. Ich möchte ein Zeichen setzen, dass es für mich keine Grenzen gibt". Allerdings ist dieser Zustand nur zu erreichen, wenn man sich traut, Grenzen zu überschreiten.
Mit so einer Einstellung muss man in Österreich natürlich auch mit einem Haider kollidieren. Kein Wunder also, dass sich von Goisern an den damaligen Anti-Haider-Aktionen beteiligt hat und als Redner auf Kundgebungen aufgetreten ist.
Mit Iwasig hat von Goisern ein überaus abwechslungsreiches Album vorgelegt. Die erste Single heißt Poika und besticht durch die gewohnt flotte diatonische Ziehharmonika. Doch auch der Einfluss von Jazzrock, Blues, afrikanischen Trommeln, RythmnBlues oder auch Soul sind zu hören. Und zwischendrin wird immer wieder wunderschön gejodelt!