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Good Morning Aztlán

Los Lobos und Peter Gabriel legen neue Alben vor
Erscheint am Freitag, den 20.9.02 in ak-analyse+kritik Nr. ak 465

Mit La Bamba machten sich Los Lobos Ende der 80er Jahre berühmt. Doch jenseits solcher Partyhits gelten die Wölfe aus Los Angeles als Meister der Verbindung traditioneller mexikanischer Musik mit dem Rock 'n' Roll und Blues. Los Lobos machen seit fast 30 Jahren Musik und das ohne jeden personellen Wechsel, wenn man davon absieht, dass 1980 Jeff Berlin hinzukam.

Auf ihrem neuen Album, dem dreizehnten, geht es äußerst abwechslungsreich und virtuos zu. Good Morning Aztlán heißt das mit 12 Songs ausgestattete Meisterwerk. Von deftigen Rock'n'Roll-Nummern, Blues, Tex-Mex bis hin zu karibischen Sounds ist alles dabei. Herausragend ist ganz sicher der Titelsong des Albums, mit dem Los Lobos auf ihre Wurzeln verweisen: Aus Aztlán kommend wanderte ein Nomandenstamm vor vielen hundert Jahren in die Ebene von Anahuac, wo sie ihrem Gott Huitzilopochtli folgend eine Stadt gründen sollten. 1325 wird - nach europäischer Zeitrechnung - die Stadt, die von den Azteken später Tenochtitlan genannt wird, gegründet. Heute sagen wir Mexiko City zu ihr. Aztlán ist die Gegend von Los Angeles. Bis zum mexikanisch-amerikanischen Krieg Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte der heutige Südwesten der USA noch zu Mexiko.

Als Los Lobos in den 70er Jahren begannen, waren ihre Auftrittsorte Hochzeiten und Familienfeiern im von mexikanischen EinwandererInnen bewohnten East Los Angeles. Geprägt waren sie von dem, was sich in den 60er Jahren unter dem Begriff "Chicano-Power" herausgebildet hatte. Eine Rückbesinnung der Mexican Americans auf ihren indigenen Ursprung.

Mit Tony y Maria stellen Los Lobos einen Zusammenhang zu dem 1984 veröffentlichten Song A Matter of Time (vom Album How will the wolves survive) her. Damals ging es um den Aufbruch einer kleinen Familie von Mexiko in die USA, voller Hoffnungen, dass es dort besser sein würde, dass sie einen Platz finden würden, an dem sie fröhlich leben könnten. Sechzehn Jahre später ist für Tony und Maria davon nichts geblieben. 150 Meilen von Mexiko bis L.A. sind nicht sonderlich weit, aber es liegen Welten zwischen diesen Orten, stellen Los Lobos fest. Tony wäscht Teller, Maria putzt. Der Traum, den sie hatten, ist ausgeträumt.

Peter Gabriel legt nach fast zehn Jahren sein lange erwartetes Studioalbum unter dem Titel UP vor. Das weckt hohe Erwartungen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt erfüllt werden. Beim US-amerikanischen Rolling Stone fällt die Platte sogar glatt durch. Das mag daran liegen, dass es Songs der Marke Sledgehammer oder Solisburry Hill auf dem Album nicht gibt. Doch beim dritten oder vierten Mal spürt man, dass der Real-World-Chef ein eher stilles Kunstwerk vorgelegt hat. Die erste Single-Auskopplung Barry Williams Show erinnert entfernt an Gabriels Klassiker Games without Frontiers und befasst sich mit dem täglichen Wahnsinn der Realty-TV-Shows.

Allerdings dreht der Kollege offenbar immer mehr ab. Auf seiner Homepage betreibt Gabriel einen Full Moon Club, in dem sich Fans jeweils bei Vollmond einen Soundschnipsel der neuen Platte anhören können. Ganz der Real World Idee verhaftet, dabei esoterisch beseelt, will Gabriel eine Fluss-Serie starten: Das Album soll an verschiedene Gruppen in der ganzen Welt verschickt werden, die die Vorlage des Meisters bearbeiten sollen, um dann UP the Amazon oder UP the Elbe oder UP the Ganges daraus zu machen. Mal sehen.

DSe, rock-links.de

Los Lobos, Good Morning Aztlán, WEA, www.loslobos.org
Peter Gabriel, UP, Virgin, www.petergabriel.com