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Als »Fremde im eigenen Land« auf Tour
Afrodeutsche Musikerinnen diskutierten mit Schülern 
Von Birgit Gärtner 
 
Mit ihrer Schultour unter dem Motto »Afrodeutsch – fremd im eigenen Land« setzten die Musikerinnen Ayo, Mamadee, Meli und Onejiru von den Sisters Keepers vorige Woche in Hamburg ein Zeichen gegen Rassismus und Krieg.

Drei Tage lang diskutierten die Künstlerinnen mit den Schülerinnen und Schülern der Gesamtschulen Altona, Eppendorf und Stellingen über ihre Erfahrungen als »Fremde im eigenen Land«. Die Schultour wurde von der Hamburger Agentur Rock-Links sowie der Bundes- und der Landeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit den Gesamtschulen organisiert.

Bei den insgesamt 13 Veranstaltungen kamen die Sisters mit mehr als 300 Jugendlichen ins Gespräch. Vor allem die Kids mit nicht-deutschen Eltern konnten das von den Musikerinnen beschriebene Gefühl der Ausgrenzung als Afro- oder schwarze Deutsche aus der »weißen Mehrheitsgesellschaft« gut nachvollziehen. Selbst wenn in den Schulen Jugendliche aus aller Welt zusammen lernen, fühlen sich die »nicht-deutschen« häufig auf Grund ihrer religiösen und kulturellen Herkunft nicht akzeptiert – auch dann, wenn es in ihrem Umfeld keinen offenen Rassismus und schon gar keine offen auftretenden Neofaschisten gibt.

Sichtlich schockiert zeigten sich die Schülerinnen und Schüler der Max-Brauer-Gesamtschule in Altona, als die Rapperin Meli ihre Erfahrungen der Brothers- und Sisters–Schultour 2002 schilderte. Damals war sie mit fünf Musikerkollegen eine Woche lang durch Schulen in Ostdeutschland getourt. »Wir konnten uns nur unter Polizeischutz bewegen«, sagte Meli, fassungslos den Kopf schüttelnd. »Und das in unserem eigenen Land.« Bomberjacken und Springerstiefel sei häufig die übliche Kluft der Jugendlichen gewesen, nicht nur von Skins. Faschistische Gruppierungen terrorisierten jeden, der sich ihrem Diktat nicht beuge.

Obwohl sich diese Schilderungen von den Alltagserfahrungen der Jugendlichen in der Hansestadt erheblich unterscheiden, sind viele von ihnen auch im so genannten weltoffenen und liberalen Hamburg Rassismus und Intoleranz ausgesetzt. Für Schülerinnen und Schüler nicht-deutscher Herkunft ist es beispielsweise schwieriger, einen Praktikumsplatz zu bekommen als für ihre »eingeborenen« MitschülerInnen. Einige der Jugendlichen berichteten, Opfer der in Hamburg alltäglichen rassistischen Polizeikontrollen geworden zu sein, die sich ausschließlich gegen Menschen richten, die dem gängigen Klischee von »Deutschsein« nicht entsprechen.

Zum Abschluss der Tour gab es ein Konzert, bei dem sowohl die Sisters Keepers als auch junge Talente aus den drei Gesamtschulen auftraten. Gemeinsam setzten sie auch ein musikalisches Zeichen gegen Rassismus und brachten zugleich ihren Protest gegen den Irak-Krieg zum Ausdruck.

(Neues Deutschland, 15.04.03)