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Mehr über die Zitronen: Zitronen-Bio
NEUE CD: Schafott zum Fahrstuhl
Schorsch Kamerun im Interview

Schafott zum Fahrstuhl

aus: ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 452


Spiegelungen der Schwarzen Serie für die Ohren
Neue CD der Goldenen Zitronen


Schafott zum Fahrstuhl heißt die neue CD von den Goldenen Zitronen. Dreizehn Stücke haben sie auf die neue CD gepackt, darunter auch Neufassungen von der Kamerun-SylvesterBoy-Solonummer Monsters rule the world, dass die Zitronen nun auf deutsch vortragen oder Von den Schwierigkeiten die Regierung stürzen zu wollen. Letzteres nicht etwa, weil die Erstveröffentlichung unter der Kohl-Regierung erfolgt war und man nun auch der rot-grünen Regierung sagen will, dass sie nichts taugt: „Das Stück ist glamouröser gemacht, selbstironischer und nicht mehr so stalinistisch,“ sagt Schorsch Kamerun, der Frontmann der Band und „so viele kann man ja gar nicht umbringen.“ Hans Platzgumer pausiert auf der neuen CD, die teilweise in Rumänien aufgenommen worden ist. Dafür sind Mense Reents (Stella) und erneut Melissa Logan (Chicks on Speed) dabei.
Fast drei Jahre sind seit Dead School Hamburg vergangen, aber das hat sich irgendwie gelohnt. Thematisch geht es auf der CD quer Beet, die Dot.Com-Branche (Das Comback des Temporat) wird ebenso bearbeitet wie die hektische Umtriebigkeit nicht nur dieser Menschen (Auf dem Platz der leeren Versprechungen). Oder das Stück Flimmern, dass sich mit Nazis und denen befasst, die sie füttern. „Wat solln die Nazis raus aus Deutschland, wat hät denn des für a Sinn – die Nazis könne doch net raus, denn hier gehörn se hin.“ Und bei einigen anderen Stücken bleibt einem gar nichts anderes, als den von Claudia Basrawi verfassten Beipackzettel zur Rate zu ziehen: „Die Texte reißen alles an, sie sind wie Meldungen, manche Meldungen verstehe ich und andere versteht jemand anders, wie bei Schnittmengen und Teilmengen.“ Ja, das verstehe ich, aber wie?
Musikalisch kommt das Ganze getrieben von Schlagzeug und rhythmischen Elektronen daher und am besten stellt man beim zuhören den Stuhl oder Sessel zur Seite. Fun-Punk ist sicherlich eine absolut falsche Kategorie, in die man den Sound einordnen könnte. Vielleicht Pop-Punk?
Und was sollen wir uns darunter vorstellen, wenn der Titel der CD spiegelverkehrt einen Film aus dem Jahre 1957 von Louis Malle covert? Schorsch Kamerun lässt nur soviel raus: “Wir wollten was interpretierbares machen.“ Versuchen wir es mal: Wollen die Zitronen uns also sagen, dass der Fahrstuhl nicht stecken bleibt, sondern sich in rasender Geschwindigkeit befindet. Aber niemand - zumindest nicht die Zitronen – ist drin? Oder sind gar die Zitronen selbst der Fahrstuhl, bemüht die Mörder und Monster in sich zu verschlingen?
Das Original gilt als Klassiker der Schwarzen Serie, in dem Louis Malle als 25 jähriger mit betont kühlen Bildern und untermalt mit der Musik von Miles Davis dem Lebensgefühl einer Generation Ausdruck verleiht. Löst sich das Rätsel, wenn aus kühlen Bildern schwungsvolle Töne werden? Reicht das? Oder verstehen die Zitronen ihre Musik als Gegenstück zu Davis? Schwer zu sagen. Hilfe naht vom Beipackzettel: „Schafott zum Fahrstuhl lässt sich als privates Bekenntnis oder verschlüsselte Meldung hören, bei der die Goldenen Zitronen das Gefäß sind, das die Nachrichten empfängt und weiterleitet.“ Das erklärt manches. Aber wie lauten die Nachrichten? Richtig: siehe oben.
Kurz und gut: musikalisch kommt die CD schwungvoll daher, rüttelt das Ohr immer wieder durch querschießende Sequenzen und „atonale Sinuskurven“ auf. Das würde schon ausreichen, um die CD mehr als nur fünfmal in den Player zu schieben. Wer dann noch Spaß daran hat, seine Phantasie auf die Suche nach dem Verstehen zu schicken, ist bestens bedient. Ab Oktober gehen GZ auf Tournee, mit dabei ist dann der aus Chicago stammende Wecley Willis (Rock´n´Roll McDonalds). Im Frühjahr gehen die Zitronen dann mit Willis die USA besuchen.

DSe

Die CD ist irgendwann ab September erhältlich, näheres ist unter www.buback.de oder unter www.die-goldenen-zitronen.de zu erfahren.